Sind Coaches perfekte Menschen?

Nicht selten wurde ich gefragt ob ich denn selbst „nicht eigentlich müsste“, „wenn ich doch Coach sei“ und anderen dabei helfe, „besser“ zu werden. Müsste ich denn dann nicht immer und zu jederzeit

  • ausgeglichen sein
  • ein strahlendes Lachen auf den Lippen haben
  • mit jeder Situation souverän umgehen können
  • auf jede Frage des Lebens eine Antwort haben
  • mir über nichts Gedanken machen weil ich schon alles weiß
  • ganz genau wissen was ich will
  • positiv eingestellt sein
  • uvm.

Und auch ich selbst habe mich schon einige Male dabei ertappt zu denken „Gerade der als Psychologe / Arzt / Chef / Lehrer / [frei wählbar] müsste doch eigentlich wissen …“.

Ganz schöne hohe Anforderungen die ich da habe. Und die an mich weitergegeben werden.

Als Coach bin ich in der Regel durch eine längere Ausbildung gegangen, sodass ich die Möglichkeit hatte, mich spätestens dann sehr viel mit mir selbst zu beschäftigen, Selbsterfahrung zu sammeln und mich aufzuräumen. Denn in der Tat kann ich schnell auf meinen Klienten Projektionen bilden wenn ich selbst nicht weiß wo meine Schaltknöpfe sind, welche Themen mich besonders belasten und ich nicht aufgeräumt bin.

Das bedeutet nicht, dass nie wieder irgendwelche Themen oder Situationen aufkommen und ich für alle Zeiten erhaben und erleuchtet durch die Welt schlendern kann. Das wäre mitunter ja auch langweilig.

Aber als Coach habe ich allerhand Methoden und Fragen kennengelernt und auf den Weg mitbekommen, die es mir vielleicht leichter als anderen machen, schneller meine wunden Punkte zu erkennen und anzugreifen. Ich bin darauf trainiert, fokussiert und lösungsorientiert zu denken und zu handeln und werde dies mit großer Wahrscheinlichkeit auch an mir selbst anwenden können.

Natürlich gibt es Situationen, an denen ich glaube zu verzweifeln, denke ich würde sie niemals durchstehen. Menschen, die mein Frustrationslevel enorm ausreizen. Gefühle, die mich schier zu übermannen scheinen. Gruppen, in welchen ich mich zurückziehe und nichts sage. Die Liste lässt sich beliebig fortsetzen.

Und das ist gut so! Wer wäre ich denn, wenn ich all das nicht erleben würde? Ich bin noch immer ein Mensch und ich darf all das er- und durchleben und ich brauche das. Damit ich mich selbst immer besser kennenlerne und mich in andere einfühlen und dabei helfen kann, aus ihrer Sackgasse heraus zu kommen.

Coaches wissen dank ihrer Ausbildung i.d.R. was sie für sich tun müssen um in Balance zu bleiben. Weil sie ja die Selbsterfahrung gemacht, sich tiefere Fragen stellen und kennengelernt haben, wie sie ihre Selbstwirksamkeit steigern könen. Das geht stark in die Richtung das zu verkörpern und zu leben, was man auch weitergeben möchte.

So tue auch ich vieles, das dazu beiträgt, dass ich mich wohl fühle und in Balance bleibe. Einfach für mich. Und weil es gut für mich ist, möchte ich andere teilhaben lassen, Expertise weitergeben und dabei helfen, den eigenen, stimmigen Weg zu finden.

An der Berufsgruppe möchte ich den perfekten Menschen nicht fest machen. Aber:
Es gibt ihn, den perfekten Menschen!

Schau mal in den Spiegel! Du kuckst ihn geradewegs an. 🙂

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